EU - eine Friedensnobelpreisträgerin rüstet auf

Titel: Außenpolitik mit Muskeln

Titel: Außenpolitik mit Muskeln

Die Europaabgeordneten Sabine Lösing und Jürgen Wagner zeigen in ihrem Artikel auf, wie die EU-Kommission und der Rat durch die politische Hintertür und ohne konkrete Rechtsgrundlage eigene Interventionskapazitäten - parallel zu Nato-Strukturen - aufbauen wollen. 

In Artikel 41(2) des Vertrages von Lissabon ist festgelegt, dass Rüstungsausgaben die Staaten der EU zu tragen haben. Sie sind nicht Teil des Kommissions-Budgets. Nur insoweit als es die Wettbewerbsfähigkeit der EU als Ganzes betrifft darf die Kommission laut Artikel 173 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzelne Industriesektoren fördern. In diesem Fall eben die Rüstungsindustrie. 

Politische Taschenspielertricks sind nun natürlich nicht unüblich. Man darf sich eben nicht erwischen lassen, so das landläufige Credo. Schon gar nicht die Kommission, deren ursprüngliche Aufgabe die Wahrung der EU-Verträge ist. Wer sich selbst so offensichtlich nicht um den übergeordneten Sinn eines Vertrages schert, kann in anderen Politikfelder nicht mit Autorität auf die Einhaltung eben dieser Verträge pochen. Durch die eigene Doppelmoral untergräbt die EU-Kommission ihre eigene Handlungsmacht gerade in Zeiten, in denen nicht nur osteuropäische Staate an den Grundfesten europäisch-demokratischer Grundwerte feilen, wenn nicht gar sägen, sondern eben auch Gründungsmitglieder wie Frankreich durch die wohlfeile Verlängerung von Ausnahmezuständen.

2012 wurde die EU zudem für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das norwegische Nobelkomitee begründete seine Entscheidung mit der stabilisierenden Rolle der EU bei der Umwandlung Europas von einem Kontinent der Kriege zu einem Kontinent des Friedens. In ihrer Dankesrede sprachen führende Politiker davon, dass der Friedensnobelpreis 2012 nicht nur eine Anerkennung für die vergangenen Leistungen der Europäischen Union, sondern auch ein Ansporn für die Zukunft sei.

Diese Zukunft verspielen wir gerade. Und es ist unklar, was eigentlich die größere Gefahr ist: die mittelfristige Erosion demokratischer Grundfesten in Europa oder eine Friedensnobelpreisträgerin EU, die sich eigene Interventionskapazitäten erschleicht. 

 

Bildquelle: © Florian Kiel

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